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Þingvellir ist sowohl geschichtlich, als auch geologisch interessant. An einer kilometerlangen Spalte kann man deutlich erkennen, dass die Kontinentalplatten von Eurasien und Amerika auseinander driften.

Die alte Parlamentsstätte Þingvellir liegt rund 40km nordöstlich von Reykjavik am größten Binnensee des Landes, dem 83 Quadratkilometer großen und bis zu 114 m tiefen Þingvallavatn. Nördlich des Sees öffnet  sich der Blick in Richtung Kaldidalur auf den 1060 m hohen Schildvulkan Skjaldbreiður, am südlichen Seeufer liegt das Thermalgebiet Nesjar.

Im Jahr 930 versammelte sich hier das isländische Volk und gründete die erste freie Republik der Welt. Einmal im Jahr tagte dann das Althingi – das Parlament. Außerdem konnte jeder Bürger seine Anliegen vortragen und ein Gerichtsurteil verlangen. Diese 2wöchigen Versammlungen wurden aber auch als eine Art Volksfest gefeiert, bei denen u.a. auch Ehen vereinbart wurden. Im Sommer 2004 wurde Þingvellir von der Unesco zum Weltkulturerbe der Menschheit erklärt.

Im Isländerbuch wird berichtet, dass ein Mann namens Grímur Geitskór von den ersten Siedlern beauftragt wurde, einen Platz für eine Volksversammlung auf der Insel ausfindig zu machen. Grímur entschied sich nach langer Suche für den Þingvallavatn. Am nordwestlichen Ende des Sees fand er am Fuße einer Felswand einen nach Osten geneigten Hang, Weideland für Pferde und einen Fluss, der später umgeleitet wurde und die Menschen während der Versammlung mit Frischwasser versorgte. Das Land gehörte wohl dem Bauern von Bláskógar. Er wurde des Mordes angeklagt und in die Verbannung geschickt, sein gesamtes Land fiel der Allgemeinheit zu.

Unter den ersten Siedlern Islands waren auch mehrere entmachtete norwegische Häuptlinge. Sie hatten bei der Auswanderung aus Norwegen geschworen, sich ihre Unabhängigkeit nie mehr von einem König nehmen zu lassen. Die Goden genannten Häuptlinge tagten ab dem Jahr 930 alljährlich im Þingvellir. Nach einer allgemeinen Übereinkunft entschieden die Goden über bestimmte Streitfragen, die eine zentrale Schlichtung erforderlich machten. Dem Gremium gehörten zunächst 36, später 39 Goden an. Die Zahl erhöhte sich schließlich auf 48 und nach der Einführung des Christentums waren auch die beiden Bischöfe des Landes, Mitglieder der Versammlung. Jeder ordentliche Gode hatte zwei Berater, die Gesamtzahl der Vertreter in diesem Parlament betrug 147. Die Goden wählten aus ihrer Mitte für einen Zeitraum von je 3 Jahren einen Gesetzessprecher. Er musste jedes Jahr ein Drittel der mündlich überlieferten Gesetze vortragen, denn erst im Jahr 1117 wurden die Gesetze niedergeschrieben. Dabei stand der Gesetzessprecher auf dem Lögberg (Gesetzesberg) und konnte die hinter seinem Rücken aufragende Wand der Allmännerschlucht als natürlichen Verstärker nutzen. Das Parlament tagte bis in die letzten Jahre des 18. Jahrhunderts im Þingvellir, dann wurde es von der dänischen Regierung aufgelöst und trat ab 1843 als beratende Versammlung in Reykjavik wieder zusammen. Heute erinnert die isländische Flagge auf dem Lögberg an frühere Zeiten.

Für die Vollstreckung der von den Goden gefällten Urteile waren die streitenden Parteien selbst verantwortlich. In den ersten Jahrhunderten nach der Besiedlung wurden keine Todesurteile gefällt; Mord und andere Verbrechen wurden mit Verbannung ins Hochland bestraft. Nach dem Verlust der Unabhängigkeit wurden neue Gesetze erlassen. Im Ertränkungspfuhl wurden daraufhin des Ehebruchs überführte Frauen ertränkt, in der Brennugjá fanden der Hexerei überführte den Tod, Männer wurden am Galgenfelsen aufgehängt und auf einer schmalen Landzunge im Fluss Öxará rollten Köpfe.

Die Volksversammlungen fanden um die Zeit der Sommersonnwende statt und boten auch Gelegenheit, Handel zu treiben und Neuigkeiten auszutauschen. Neben den Goden und deren Beratern dürften sich bis zu 5000 weitere Menschen im Þingvellir aufgehalten haben. Die Menschen lebten während der Versammlungen in Zelten. Wichtige Goden errichteten Thingbuden, deren grasüberwachsene Mauerreste noch neben dem Weg, der durch die Schlucht führt, erkennbar sind.

Die Isländer hielten ihre Versammlungen an einem geologisch sehr eindrucksvollen Ort ab, denn die Allmännerschlucht ist im weiteren Sinne die Grenze zwischen Europa und Amerika.

Genau durch das Tal verläuft die Grenze zwischen der Eurasischen und der Amerikanischen Krustenplatte. Vor etwa 9000 Jahren war hier statt des Tals eine Lavaebene zu finden. Durch die Bewegung der Krustenplatten bildeten sich Risse und ein Teil der Ebene begann langsam, sich abzusenken. Im Laufe der Jahrtausende sank das gesamte Tal als Grabenbruch immer weiter ein. Die Bruchstrukturen sind im Bereich der Allmännerschlucht und am östlichen Ufer des Sees besonders deutlich zu erkennen. Die Platten bewegen sich auch heute noch mit einer Geschwindigkeit von etwa 1 – 2 cm pro Jahr auseinander. Wer durch die Schluchten wandert, kann die unermesslichen Kräfte der Natur erahnen, die hier am Werk waren.

Seit 2004 gehört Þingvellir National Park zum UNESCO Weltkulturerbe.